Estland, Lettland, Litauen – eigentlich wussten wir beide recht wenig über die drei kleinen Länder irgendwo im Nordosten der EU, als wir beschlossen unseren Sommerurlaub dort zu verbringen. Und ob man da SUPen gehen kann, wussten wir schon mal gar nicht.
Gut, die drei Länder liegen an der Ostsee, soviel war klar. Also Wasser ist schon mal da. Aber sonst?
Inzwischen wissen wir, dass es neben der Ostsee und diversen Flüsse, noch ganze 3.000 Seen in Litauen, über 2.200 in Lettland und immerhin noch stolze 1.000 in Estland gibt. Wow, warum hatten wir noch nie von SUPen im Baltikum gehört?
Stand Up Paddling im Baltikum
Natürlich haben wir in drei Wochen nur einen winzigen, also eigentlich kaum nennenswerten, Bruchteil dieser in Summe weit über 6.200 Gewässer erkundet. Aber genug um dir hier unsere fünf schönsten, skurrilsten und abenteuerlichsten SUP Spots im Baltikum vorzustellen.
Litauen
Wasserburg Trakai
Die Wasserburg Trakai ist mit Sicherheit die meistbesuchte und meistfotografierte Sehenswürdigkeit Litauens. Kein Wunder, denn die spätmittelalterliche Burganlage liegt wirklich malerisch inmitten der umgebenden Seenlandschaft. In der Sonne leuchten die äußere Befestigungsmauer und die drei wuchtigen runden Ecktürmen in einem Kaminrot. Ein toller Kontrast zu dem tiefblauen Wasser, grünen Bäumen und weißen Schäfchenwolken am Himmel.
Erbaut wurde die Burg in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, aber schon nach der Schlacht bei Tannenberg von 1410 verlor die Burg an militärischer Bedeutung. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die verfallenen Teile dann wieder aufgebaut und restauriert.
Die Burg liegt auf einer kleinen Insel im Galvesee und ist über eine Brücke mit dem Ufer verbunden. Wie gesagt, Trakai ist ein touristischer Hotspot. Dementsprechend waren schon alle Parkplätze in der Nähe der Burg belegt, als wir am späten Vormittag in den kleinen Ort Trakai rollten. Nach etwas Suchen hatten wir dann aber doch recht schnell einen Parkplatz direkt am Wasser gefunden. Von unserer Einstiegsstelle ging es ein Stück an der Halbinsel Trakai entlang, rechts unter einer Brücke hindurch und dann tauchte die Wasserburg vor uns auf – wie aus einem Bilderbuch!
Am rechten Ufer wimmelte es von Besuchern an Souvenirständen und Futterbuden. Auf dem Wasser tummelten sich neben Ausflugsbooten auch Tretboote, Windsurfer und Segler. Aber bei einer Fläche von 3,88 km² und 21 Inseln im See, kann man nach einer Runde um die Burg auch abseits der Touristenströme SUPen und die Natur genießen. Oder den am östlichen Ufer liegenden Užutrakis Palast im Stile der Neorenaissance bewundern.
Trakai ist nur einen Katzensprung von Vilnius, der Hauptstadt Litauens entfernt und läßt sich bequem mit dem Auto in etwa einer halben Stunde erreichen. Neben einer Runde auf dem SUP und der traumhaft schönen Seenlandschaft, gibt es noch diversen Cafés, Restaurants, architektonische und historische Sehenswürdigkeiten zu entdecken.




Galonas – Irgendein See mitten im Wald
Im Nordosten Litauens wimmelt es nur so von Seen, von denen einer schöner ist als der andere. So wie der See Galonas, einer von 30 Seen im Asvejos Regionalpark.
Etwa 60 Prozent des Parks ist von Wäldern bedeckt, den Rest teilen sich Moore und Seen. Eine einzigartige Mischung aus sanften, durch Gletscherwasser geformten Tälern und tiefen Seen. Die Sümpfe sind fast unberührt von Menschenhand, so dass es eine Vielfalt an Pflanzen (über 700 Arten, von denen 28 auf der roten Liste stehen) und seltenen Vögeln zu beobachten gibt.
Der Regionalpark ist durchzogen von holprigen Schotterstraßen und überall an den Seen lassen sich kleine Picknickplätze mit Feuerstellen finden. Während am Wochenende die Litauer mit Kind und Kegel hier ihre Zelte aufschlagen, ist man unter der Woche alleine mit der Natur und Millionen von Mosquitos.
Von unserem Schlafplatz hatten wir nur wenige Meter bis aufs Wasser mit nichts als Wald und Schilf um uns herum.



Lettland
Fluss Roja
Der Fluss Roja ist 78 km lang und mündet im bescheidenen Seebad Roja in den Golf von Riga. Eigentlich wollten wir nur im Supermarkt unsere Vorräte auffüllen, als wir neben dem Parkplatz den Fluss und einen Kanuverleih entdeckten. Wir mussten gar nicht lange überlegen.
Einkaufen, Boards aufbauen und losSUPen. Wir folgten dem recht schmalen Fluss von der Mündung im Hafen von Roja flussaufwärts. Anfangs säumten noch ein paar Häuser mit kleinen Gärten das Ufer, die aber schnell dichtem Urwald wichen. Seerosen, meterhohe Kiefern, umgestürzte Baumstämme und keine Menschenseele. Wir fühlten uns wie auf einer Expedition. Wir glitten über spiegelglattes Wasser, zwängten uns unter Baumstämmen hindurch und kletterten über andere rüber. Mit viel Glück kann man hier auch Bieber, Otter, Rotwild, Reiher und Spechte entdecken. Uns begegnete aber nur ein einsamer Angler, bevor wir schließlich doch vor der Wildnis kapitulieren mussten und mit unseren Boards nicht weiterkamen.
Die Roja hat duzende kleine Nebenflüsse. Die Tiefe und Breite ändert sich übers Jahr und kann in den wasserreichen Monaten Oktober, November und März bis Mai um die zwei Meter ansteigen.
In Roja selber gibt es ein kleines Fischereimuseum, dass von der Geschichte der Seefahrtsschule und den zur Sowejtzeit begehrten Fischdosen erzählt. Auch ist die Küste um Roja unheimlich abwechslungsreich. Manchmal grenzt das Schilf bis ans Wasser, dann wiederum kann man kilometerweit auf weißem Sandstrand wandern, ohne das einem ein Mensch begegnet. Nur zum SUPen ist die Ostsee in Ufernähe zu flach. Roja liegt gut 126 Kilometer westlich von der Hauptstadt Riga entfernt.




Estland
Lahemaa NP – U-Boot Entmagnetisierungsstation
Der Lahemaa Nationalpark liegt an der Nordküste Estlands knapp eine Autostunde von Tallinn entfernt. Ein Naturparadies mit malerischen Mooren, Kiefern- und Klippenwäldern sowie Flüssen, die sich in das Kalksteinkliff eingegraben haben.
Noch schöner aber ist die raue Küste, eine der letzten unberührten Regionen an der Ostsee. Weiße Sandstrände und tausende Findlinge, die am Ufer im Wasser liegen, wechseln sich ab. Der Legende nach soll es sich bei den Findlingen um versteinerte Teufel handeln! Also besser nicht verrücken, denn das soll Unglück bringen.
Der Name Lahemaa heißt so viel wie „Land der Buchten“. Und in einer dieser Buchten liegt ein faszinierendes Relikt aus Sowjetzeiten. Eine U-Boot Entmagnetisierungsstation. Wahrscheinlich hast du jetzt genauso viele Fragezeichen im Gesicht wie wir, deshalb hier eine kurze Erklärung:
Jedes Schiff, das auf den Meeren der Erde fährt, bewegt sich im erdmagnetischen Feld. Fährt ein Schiff oder U-Boot jetzt längere Zeit unverändert den gleichen Kurs, so wirken die Kraftlinien des erdmagnetischen Feldes in dieser Zeit mit gleicher Wirkungsrichtung auf das Schiff ein und magnetisieren es langsam. Dadurch wird das Schiff oder U-Boot schließlich selber zum Magneten mit eigenem Kraftfeld. Und da jetzt die Deutsche Marine vor Jahren Magnetminen erfunden hat, die genau auf dieses Magentfeld reagieren, mussten U-Boote regelmäßig entmagnetisiert werden. Wie das jetzt aber genau funktioniert, das führt hier zu weit.
Inzwischen ist die Entmagnetisierungsstation im Lahemaa Nationalpark nur noch ein verfallenes Betongerippe, das ins blaue Wasser hinausragt. Vereinzelte Sträucher krallen sich an die Gebäude, verrostete Eisenstangen ragen aus dem Beton und bunte Grafits zieren die Wände.
Als wir zwischen den steil aufragenden, dicht beisammenstehenden Betonwänden hindurch SUPen, pfeift uns ein starker Wind ins Gesicht. Die Vorstellung, dass genau hier früher Kriegs-U-Boote hineinfuhren ist irgendwie unwirklich. Wir haben das Gefühl jeder Stein erzählt seine eigene Geschichte. Gleichzeitig super schön, aber auch irgendwie unheimlich.




Rummu – ehemaliger Steinbruch und Gefängnis
SUPen, wo sich einst Häftlinge im Steinbau quälten. Das war zumindest der Plan bis uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machte.
Rummu ist eine kleine Stadt in Estland etwa 40 Kilometer westlich von Tallinn. 1938 wurde hier angefangen Kalkstein abzubauen. Praktischerweise wurde zeitgleich das sowjetisches Gefängnis Murru gegründet. Bis zu 7.000 Häftlinge saßen hier ein und wurden zur Arbeit im Steinbruch gezwungen.
Im Jahr 1991, als die Sowjetunion zusammenbrach, gewann Estland seine Unabhängigkeit zurück, und der Kalksteinbergbau wurde stillgelegt. Mit der Zeit füllte sich der Steinbruch mit Grundwasser und überschwemmte Gebäude und Maschinen des ehemaligen Straflagers. Eine blaue Lagune mit glasklarem Wasser und faszinierendem Strand entstand. Unheimlich und wunderschön.
Das Gelände ist inzwischen im Besitz von Rummu Invest und für Fremde gesperrt. Eine SUP Tour ist nur mit Genehmigung oder über einen Touranbieter möglich.




Alle Details zu den SUP Spots mit Einstiegsstellen, Verleih und Parkmöglichkeiten findest du auf unseren SUP Spots.