Unsere erste Reisefahrzeug-Liebe
Schon 2010, als wir unsere Reise entlang der Panamericana planten, standen wir vor der schweren Entscheidung, mit welchem Fahrzeug wir uns ins Abenteuer stürzen wollen. Über Stunden, Tage und Wochen haben wir uns durch Reiseberichten gelesen, Foren durchstöbert und alles was wir sonst so zum Thema Reisefahrzeuge finden konnten durchwühlt. Und wenn wir ehrlich sind,
je mehr wir gelesen haben um so unsicherer wurden wir.
Für so ziemlich jeden Fahrzeugtyp gab es leidenschaftliche Verfechter und ebenso viel Nörgler.
Vertraue auf Dein Bauchgefühl
Am Ende haben wir einfach auf unser Bauchgefühl gehört. Als wir nach unzähligen Probefahrten unseren „Toyo“, einen ausgebauten Toyota Land Cruiser HZJ78, das erste Mal sahen, hatten wir uns verliebt. Er
versprach Abenteuer und gab uns gleichzeitig ein Gefühl von Sicherheit.
Ein Fahrzeug, dass uns überall hin und auch zuverlässig wieder zurück bringen würde. Und so war die Entscheidung gefallen.
Vier qm Wohnfläche auf vier Rädern. Ein Geländewagen wie er im Buche steht. Ausgestattet mit Kühlbox, einem Waschbecken mit fließend kaltem Wasser, Solarpanels, diversen Staufächern, einem veralteten Petroleumkocher, einem versteckten Campingklo und einem Aufstelldach für Stehhöhe und unsere Schlafstätte. Falls du unseren Toyo näher kennen lernen willst, schau einfach hier vorbei.
Aber nach unserer zweijährigen Reise von Kanada bis nach Argentinien mussten wir uns schweren Herzens wieder trennen. Zu wenig „alltagstauglich“ war unser Toyo.
Er hat sein Versprechen gehalten, uns überall hin und zuverlässig wieder zurück zu bringen
– egal ob es uns an einsame Strände oder auf unwirkliche Salzseen verschlagen hat, egal ob es über gefährliche Gebirgsstraßen oder durch verwinkelte Städte ging. Aber wenn wir ehrlich sind, hat uns das Aufstelldach das ein oder andere Mal an unsere Grenzen gebracht. Im verregneten Kanada war es ein ständiger Kampf gegen den Schimmel und im stürmischen Patagonien ein ständiger Kampf gegen den Wind.
Doch mit jedem Tag ohne unseren Toyo wuchs der Wunsch nach einem neuen Reisefahrzeug. Einfach mal am Wochenende losfahren! Wieder einen Hauch von Freiheit spüren! – Aber was sollte es diesmal werden?
Von Dachzelten, Bussen und LKWs
Ich glaube es gibt nichts, was wir auf unserer Reise und auf diversen Reisetreffen noch nicht gesehen haben. Da gibt es die Minimalisten mit Geländewagen und Dachzelt oder auch einfach nur der umgeklappten Rückbank. Sehr wenig Komfort, geringes Budget, aber dafür authentische Campingerfahrung. Und keine Probleme mit engen Gassen oder schweren Gelände.
Etwas mehr Komfort bietet da schon der ausgebaut Bus
(klassischer Vertreter der VW Bulli) oder ein ausgebauter Geländewagen, wie wir ihn hatten. Hier muss man sich nur entscheiden, ob man mit seinem rollenden Zuhause wirklich üble Offroadstrecken fahren möchte oder ob man nur nach dem nächsten kräftigen Regen auch aus eigener Kraft den Weg von der Wiese schaffen will? Wer eh nur auf befestigten Wegen unterwegs ist, für den eignet sich auch ein klassischer Camper.
Dann gibt es natürlich noch für das betuchtere Budget den Expeditions-Lkw. Viel Komfort, sehr robust und geländegängig, aber vielleicht bei Besuchen in idyllischen Bergdörfern und der Parkplatzsuche zu Hause vor der Tür nicht gerade die erste Wahl.
Und auch beim Ausbau sieht man wie unterschiedlich doch wir Menschen sind! Würdest du in einem Lkw auf ein Badezimmer mit Dusche verzichten, wenn du schon einen eigenen Raum nur für die Keramiktoilette vorsiehst? Würdest du nur auf das Gewicht achten, oder auch auf die Gemütlichkeit? Willst du vollkommen autark oder immer auf Campingplätze angewiesen sein?
Mit jeder Entscheidung für das eine entscheidest du dich gegen was anderes.
Manche Dinge lassen sich einfach nicht miteinander vereinbaren auch wenn man sich auf den Kopf stellt! Und so muss man immer wieder für sich selber überlegen, was einem gerade wichtiger ist.
Und jetzt?
So standen wir also 2016 wieder vor der Entscheidung. Diesmal musste unser Camper auch alltagstauglich sein. Denn wir sind auf zwei Autos angewiesen und ein drittes wäre definitiv zu viel. In jedem Fall sollte er kein Aufstelldach haben, denn davon hatten wir persönlich die Nase voll! Auf jeden Fall sollte er geländegängig sein, denn erfahrungsgemäß sind die schönsten Schlafplätze nicht auf dem Asphalt zu finden. Aber da aktuell keine Wüstendurchquerung ansteht, muss er auch nicht ganz so geländegängig sein wie unser Toyo es war.
Am Ende war es auch diesmal eine spontane Bauchentscheidung.
Eines Tages rief ein guter Freund an und sagte er hat da einen guten gebrauchten Allrad-Sprinter gefunden. Wäre der nicht vielleicht was für uns? – Wir brauchten gar nicht lange zu überlegen! Gut, von Außen total verrostet, mit zerbrochenen Scheiben und von Innen mit abgenutzter Werkstattausstattung, sah er jetzt nicht ganz so wohnlich aus. Aber mit viel Fantasie sahen wir uns schon mit unserem Sprinter durch die Lande ziehen.
Im Gegensatz zu unserem Toyo hatten wir diesmal beim Innenausbau alles selbst in der Hand. Und das ist gleich noch schwerer als sich für ein Fahrzeug zu entscheiden! Wie soll die Aufteilung sein? Festes Bett oder klappbar? Welche Kühlbox und welche Heizung? Kaltes oder warmes Wasser und wieviel Liter? Welche Materialien werden verbaut? Wie sollen Boden und Schränke aussehen? Und und und.
Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen, wie ich finde. Mit den drehbaren Fahrer- und Beifahrersitz haben wir eine gemütliche Sitzecke, wo man nicht nur gut Essen sondern auch ganz chillig ein paar Regentage aussitzen kann. Das Bett läßt sich zur Hälfte hochklappen, so dass wir Nachts massig Platz zum Schlafen und tagsüber genug Bewegungsfreiraum haben. Bei „Wer ist eigentlich Diego?“ findest du alle Details.
Aber gut, perfekt ist unser Diego auch nicht. Es hat Wochen gedauert, bis wir den Gaskocher ans Laufen bekommen haben, es fehlt ein Dachgepäckträger für die SUP Boards, eine Außendusche wäre doch nicht schlecht und die Klimaanlage läuft nicht. Manchmal wünschten wir uns er wäre ein bisschen kleiner, wenn die Einfahrt zum Parkplatz zu niedrig ist, und manchmal wünschten wir uns er wäre viel größer, um noch mehr Platz zu haben.
Wir sind wieder verliebt
Wenn wir eines in den letzten Jahren gelernt haben, dann das es das perfekte Reisefahrzeug nicht gibt. Und es bringt auch nichts vorher alles bis ins Kleinste zu recherchieren und zu planen, bevor man überhaupt das erste Mal losgefahren ist. Denn erst dann findest man raus, was einem selber wichtig ist.
Auch wenn wir unseren Sprinter erst seit kurzem haben, bin ich jetzt schon verliebt! Denn seien wir mal ehrlich,
wer verliebt sich schon gerne in perfekt!?
Was ist Euer perfekt-unperfektes Reisefahrzeug? Schreib es uns in die Kommentare.